In der aktuellen Forschung existiert keine einheitliche Definition von Hochbegabung. Gemeinsam ist allen verschiedenen Modellen jedoch das Vorliegen einer sehr weit überdurchschnittlichen intellektuellen Leistungsfähigkeit. Zusätzlich zur intellektuellen Fähigkeit (Intelligenz) lassen sich weitere Fähigkeits- bzw. Begabungsbereiche (wie soziale oder musische Begabung, bildnerisch-darstellende sowie psychomotorisch-praktische Begabung) aufführen (Münchner Begabungsmodell Kurt Heller), die als relativ unabhängig voneinander gelten und bei jedem Menschen verschieden stark ausgeprägt sein können.

Wenn von „Hochbegabung“ die Rede ist, ist jedoch meist das Vorliegen einer sehr hohen allgemeinen Intelligenz, also einer hohen Denk- und Problemlösefähigkeit, sowie schneller Auffassungsgabe und außerordentlicher Gedächtnisleistungen gemeint. In ihrer geistigen Entwicklung sind hochbegabte Kinder anderen Gleichaltrigen oftmals weit voraus.

Sie besitzen damit das Potenzial zu außergewöhnlichen Leistungen, es ist aber nicht automatisch gleichzusetzen mit außergewöhnlicher Leistung. Hochbegabung ist weder eine Garantie für schulischen noch für beruflichen Erfolg.

Ob sich Hochbegabung in außergewöhnlichen Leistungen zeigt, ist von weiteren  Faktoren abhängig. Zu diesen Faktoren gehören zum einen Persönlichkeitsmerkmale des hochbegabten Kindes wie z.B. Motivation, Ausdauer, Leistungsbereitschaft oder Temperament, aber auch einflussnehmende Faktoren der Umwelt wie z.B. die Förderung im Elternhaus und in der Schule, die Akzeptanz von Kindern und Erwachsenen, das Familienklima, kritische Lebensereignisse und vieles mehr. Wenn alle Faktoren positiv zusammenwirken (Konzept der Passung nach Henderson 1913; Thomas und Chess 1977/1980; Zentner 1993), kann das hochbegabte Kind seinen Fähigkeiten entsprechende Leistungen zeigen. Dabei setzen alle gezeigten Höchstleistungen neben einer grundlegenden Begabung auch ein intensives Training bzw. ein jahrelanges Üben voraus - wie auch z.B. bei Sport oder Musik. Sollten jedoch diese Faktoren nicht gut zusammenwirken, ist das Risiko gegeben, dass das hochbegabte Kind Lern- und Leistungsstörungen entwickelt (Underachiever) oder in persönliche Krisen gerät und psychosoziale Störungen entwickeln kann.

Insofern ist ein hochbegabtes Kind auch nicht immer einfach zu erkennen.

Eine gesicherte Aussage über vorhandene oder nicht vorhandene Hochbegabung liefert allein ein Intelligenztest. In der Intelligenz-Forschung gilt ein Kind nur dann als hochbegabt, wenn es in entsprechenden Tests einen Wert von über 130 Punkten bzw. einen Prozentrang von 98 erreicht. Das bedeutet, dass etwa 2 Prozent der Kinder eines Jahrgangs intellektuell hochbegabt sind. Die Zahl der überdurchschnittlich intelligenten Kinder – also mit einem IQ-Wert zwischen 115 und 130 – liegt bei etwa 15 Prozent. Eine Hochbegabung ist keine statische Eigenschaft, sondern muss stets gefördert werden, damit sie sich weiterentwickeln kann.

In der Praxis sollte man sich um alle Kinder bemühen, um ihre Begabungen, Bedürfnisse und Fähigkeiten. Es fallen keine Schalter um zwischen den Übergängen von Normal - Überdurchschnittlich - Hoch - Begabt. Nur so kann jedes Kind zur Umsetzung seines individuellen Potenzials geführt und begleitet werden.